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Teil 2: Unser Weg zum Zweithund – Kimy Kinski gibt alles!

Aktualisiert: 5. Aug.

Die erste Hürde Treppensteigen war dann auch schon sehr bald überwunden und Kimy lief gemeinsam mit Raiko die Treppen hoch- und runter. Auch draußen wurde es immer besser: statt geducktem Traben, lief sie zwar noch vorsichtig, aber zumindest schon nicht mehr so ängstlich durch die Nachbarschaft. Doch dann kam das, was jedes Frühjahr bei uns auftritt: Die Fahrradsaison begann. Kimy kam Ende Januar zu uns und sobald die Temperaturen es zuließen, also recht bald, wird aus der Straße vor unserer Haustür der Fahrradhighway der Weststadt. Und das gefiel Kimy überhaupt nicht. Aus Mangel an positiven Erfahrungen oder allgemein aus Mangel an Erfahrung mit Fahrrädern, fand sie diese ganz schnell überhaupt nicht so lustig. Ihre Taktik: Körper anspannen, versteifen, durch lautes Bellen und in die Leine springen verjagen. Sicherlich hätte sie dieses Verhalten nicht in dieser Intensität gezeigt, wäre sie frei und nicht an der Leine. Die Bewegungseinschränkung nahm ihr die Möglichkeit den Rädern auszuweichen. 


Zu allem Übel kam dann auch noch hinzu, dass in der Stadt ein Hund neben dem anderen lebt. Auch diese empfand sie als eher störend und vollkommen unnötig. Ergebnis: steif werden, Drohfixieren, Bellen, Verjagen. Kimy Kinski war geboren und machte ihrem Namensvetter Klaus alle Ehre – das alles zu unserem Leidwesen. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, nein… unser Erstgeb… Ersthund Raiko mischte fröhlich mit. Raiko ist bei Hundebegegnungen weiterhin schnell frustriert und verunsichert, bisher äußerte sich das nur noch darin, dass er manchmal in sehr subtiles und leises Jammern übergeht. Nicht so leise, dass die guten Ohren einer anderen Hündin es nicht mitbekämen. Bei Kimy kam an: Raiko – „ähhh… da kommt ein Hund?! Puh… ganz schön harte Sache“, Kimy: „omg, dich verunsichert das? Mich verunsichert hier sowieso schon alles. Okay, lass’ gemeinsam versuchen diese blöden Nachbarshunde zu verjagen!“. Das ENDE unserer gemeinsamen Gassis. Während wir vorher Raikos Umweltsicherheit genutzt haben, um Kimy zum mitlaufen zu animieren, wurde er jetzt zuhause gelassen. Das Ergebnis: getrennte Gassis. 


Ach, hab ich erzählt, dass wir zwischendrin mit den Hunden in Rumänien waren? Geplant war eigentlich meine jährliche Ostern-Fahrt zu meinem Herzens-Tierheim in Ungarn, es endete jedoch mit einer Tour im Camper bis nach Bran zu Draculas Schloss in Rumänien. Die Hunde wurden also kurzerhand in ihre Ursprungsland zurückgekarrt und Kimy ist nach 1 1/2 Monaten Deutschlandaufenthalt die komplette Strecke zurückgefahren. Natürlich nicht am Stück wie an ihrem Ankunftstag. Viele Hunde können ja nicht „Auto fahren“ – was hundetrainerisch für „der Hund ist während der Fahrt unruhig, randaliert, gestresst oder übergibt sich“ steht. Für „Kimberly“, wie Nico sie liebevoll nennt, wenn sie wieder was angestellt hat, wirklich gar kein Problem. 





Auch problemlos: Freilauf in der rumänischen Natur. Kimy durfte an Orten einfach aus dem Bus springen und blieb immer sehr nah bei uns. Ihr wenig ausgeprägter Explorationsdrang verhalf ihr deswegen auch zu einer leinenfreien Zeit, während Raiko – Großwildjäger und Indiana Jones-Verschnitt – an der Schleppe blieb. Begegnungen mit fremden Hunden außerhalb des Buses waren ebenfalls ganz unspektakulär, lediglich wenn die beiden aus dem Bus beobachteten wie wir anderen Hunde Futter gaben, krachte es ordentlich (im Bus).


So schön unsere Reise auch war, so schnell holte uns nach der Woche Rumänien der Alltag wieder ein. Also weiter gehts: getrennte Gassis, stressige Hunde- / Menschen- und Fahrradbegegnungen sowie der erste Beißvorfall zwischen Kimy und der Hündin einer Freundin. Zu der Zeit war Kimy auch schon 2 Monate da und gefühlt wurde das Zusammenleben immer anstrengender. Pflegehunde packen ja gerne nach einer gewissen Zeit ihre Pakete aus. Ich nenne die Zeit bis dahin: besinnliche Regenerationszeit. Besinnlich für mich, weil es total schön anzusehen ist wie Hunde immer mehr und mehr aufblühen und viel mehr von ihrem Charakter zeigen können, wenn man sie nur blühen lässt. Danach kommt die Zeit der Anstrengung. Die Hunde fühlen sich wohl und plötzlich ergeben sich da neue Ressourcen, die sie zu verteidigen haben. Wer lange kein Zuhause hat, wertschätzt ein Dach über dem Kopf, eine regelmäßige Nahrungsquelle und vor allem all die Zuneigung und Liebe, die da von den Mitgliedern der Gruppe ausgeht. Und vielleicht kennen wir das in der heutigen Zeit des Überflusses nicht mehr, aber wer mal wenig von etwas hatte, für den ist das wenige Mehr total wertvoll. Kam nicht Jean Valjean für das Stehlen ein Laib Brots in einer Zeit des Mangels für 20 Jahre in Gefangenschaft? Zu Recht! Das begründet zwar Kimys Verhalten, macht es uns im Miteinander jedoch nicht leichter. In meinem Kopf rumorte es ordentlich und ich kam zum Entschluss, auf dem Land lebt es sich für die süße Hündin einfach besser. Da gibt es weniger Reize und sie müsste auch nicht so überfordert sein. Ein paar Landbewohner bekundeten ja auch bereits Interesse.


Doch die wenigen Interessenten, die wir hatten, sprangen eine nach der anderen ab. „Sie ist zu groß.“ oder „Ich kann mir ein Leben mit Hund doch nicht vorstellen“. Für uns bedeutete es, dass sie in so baldiger Zeit nicht ein Zuhause findet. Ich muss aber auch zugeben, dass wir sie offiziell auch noch überhaupt nicht zur Vermittlung freigegeben hatten. Ich hatte sie so gerne, dass sie in meiner Idealvorstellung in ein Zuhause zieht, das ich oft genug besuchen darf. Also suchte ich nur im nahen Umfeld. 


Zwischen mir und Nico baute sich deswegen auch eine kleine Mauer auf. Der Kimy-Fan der ersten Stunde war jetzt auch nicht mehr so ganz davon überzeugt vom Konzept „Pflegehündin etwas länger behalten“ und ich war inzwischen „sie ist echt so eine coole tolle Hündin“. Da gab es einfach eine Umkehr. Ich merkte für mich auch, dass ich sie wirklich wirklich toll fand. Sie war und ist einfach eine sehr gut gelaunte Hündin (erfrischender Gegensatz zum grumpy Raiko) und was ich auch klasse fand, sie nimmt die Dinge so wie sie kommen – ganz unbedarft. Wenn etwas sie stresst, geht sie einmal ordentlich an die Decke und danach ist sie wieder guter Dinge – Optimistin durch und durch! Ach und wie schön sie einfach kuscheln kann, am liebsten immer und in jeder Situation. Körperkontakt tut ihr auch so extrem gut. Hääh… plötzlich war sie doch ein Hündin mit der ich eine Verbindung spürte… oder vielleicht auch Liebe.


Dann kam der Abend, an dem viele Tränen flossen. Ich weinte so bitterlich und ich glaube, dass auch Nico weinte. So meine Erinnerung. Wir haben das Gespräch um „den Pflegehund“ lange hinausgezögert, so ungefähr 2 Monate lang. Aber irgendwann fragte auch schon der Verein nach und das gab zusätzlich den Stein des Anstoßes. Der Verein ist da überhaupt nicht pushy oder so, ich liebe die Tierhilfe Lebenswert e.V. dafür, dass sie uns Pflegestellen so klasse betreut und meine PS-Betreuerin hat auch immer ein offenes Ohr für mich. Und die hats bereits gerochen… denn es roch stark nach Pflegestellenversagern. Also saßen wir zu zweit abends am Küchentisch und jeder packte aus. Kommen wir zum Ergebnis: Nico NEIN und Anh JA. Wenn man schon mal vor solchen Entscheidungen stand, dann ist klar: Wenn eine Person was dagegen hat, dann wird das Projekt abgebrochen. Es geht hier nicht um Möbelstücke oder Alltagsdinge, hier geht es um Verantwortung, Fürsorge und die Gestaltung des eigenen Lebens. Da muss man gemeinsam an einem Strang ziehen. Tja und das war der Grund warum ich bitterlich weinte und Nico weinte, weil es mich so unglaublich traurig machte, dass wir Kimy nicht behalten werden. Kann sein, dass ich auch kurz gemein zu ihm war, weil mich die endgültige Entscheidung so erschütterte, dass ich kurz am Überlegen war, ob ich überhaupt ein Leben mit ihm möchte oder lieber ein Leben mit vielen Hunden. Was natürlich vollkommener Bullsh*it ist, aber das ist ein Thema für meine Therapeutin. 


Als die Nacht einbrach, kam dann auch alles erst mal zur Ruhe und wir besprachen uns, dass der Entscheidungs-Rat nochmal tagen wird. Wie es dann weiterging, erzähl ich euch im dritten und letzten Teil: Unser Weg zum Zweithund – Kimberly bekommt einen Nachnamen




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댓글 1개


Nina the Ninja
Nina the Ninja
8월 01일

Wie schön geschrieben<3 gut zu wissen, dass Kimys "Schimpfname" Kimberly ist. Ich besorg ihr mal ein Perlenhalsband 😂

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