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Blog-Beitrag

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Adoption: Auf was achte ich bei Vorkontrollen?

Was hatte ich den Arsch in der Hose als es hieß „ja gut, dann würden wir Dir demnächst mal eine Vorkontrolle vorbeischieben“. Ich war unendlich verliebt in Raiko und jetzt entscheidet irgendeine fremde Person, ob er bei mir einziehen darf. Natürlich hat das zu Herzrasen geführt. – und daran denke ich heute immer noch, wenn ich bei potenziellen Adoptanten vorbeischaue: Da ist jemand, der hätte gerne genau diesen einen Hund und der hat jetzt Angst, dass es nicht klappt. Tja, und leider klappt es eben auch nicht immer – das hat aber auch immer seine Gründe. 





Vorkontrolle = Inspektion?

Ganz realistisch geht es überhaupt nicht darum zu gucken, ob die Adoptanten schön wohnen oder ob der Rasen gemäht und die Wohnung gesaugt ist. Bei der Vorkontrolle geht es darum herauszufinden ob der, der sich für einen Hund bewirbt auch derjenige bist, für den er sich ausgibt. Als Pflegestelle bekomme ich viele Interessenten, die füllen den Interessentenbogen guten Gewissens aus und hoffen, dass eine Einladung folgt. Dann sehe ich bei mir, wie mit dem Hund umgegangen wird und wie die Interessenten sich präsentieren. Hinter die Köpfe kann keiner sehen, aber bei Vorkontrollen zuhause kann man sich zumindest vergewissern, ob das präsentierte zu dem passt wie jemand lebt.





Das Umfeld sollte passen

Nicht immer macht die Pflegestelle die Vorkontrolle, oft sind es dann andere Personen aus dem Verein oder sogar Vorkontrolleure aus anderen Vereinen, auf die bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Ich mache meine Vorkontrollen für meine Hund meist selbst, außer die potenziellen neuen Halter:innen wohnen sehr weit weg. Der Vorteil, ich kann dann schon mal schauen was für meinen Pflegehund schwierig sein kann. Das kann die Umgebung sein, der Weg von Haustür zum Löseplatz, allgemein der Gassigehbereich, der sich meistens ja im nahen Umfeld abspielt. Ich scanne dann die Nachbarschaft, gibt es viele Katzen / Eichhörnchen / Rehe (z.B. wenn derjenige am Waldrand lebt). Dann empfehle während der Vorkontrolle bei jagdlich motivierten Hunden einen Tracker. Wenn ich für einen anderen Hund die VK mache, dann frage ich bei den Pflegestellen nach, ob ich auf etwas besonderes achten soll. Letzten Endes geben die nämlich auch ihren geliebten Pflegehund ab und da ist ein großes Bestreben, dass der das dann auch sehr gut haben soll.



Passen die Menschen?

Wir versuchen im Verein, und so sollte es auch immer sein, besten Gewissens zu vermitteln. Die Rückläufer-Quote sollte möglichst gen 0 gehen und die Hunde vollwertige und geliebte Familienmitglieder werden. Natürlich weiß man nie was so Unvorhersehbares geschieht. Was mir bei den zahlreichen Vorkontrollen schon oft aufgefallen ist: es gibt Menschen, bei denen merkt man sofort, die gehen für ihre Liebsten durchs Feuer. Die wissen, dass Verantwortung auch anstrengend ist und, dass man vielleicht die erste Zeit sogar selbst sehr viel zurückstecken muss; die eigene Freizeit hinten an stellt und gegebenenfalls auch erst mal viel Wischen und Care-Arbeit leisten muss. Diejenigen, bei denen ich das Gefühl haben, dass das so nicht ist, denen erzähle ich dann meine Horrorstories von Pflegis: zerkaute Gegenstände, vollgepinkelte und vollgesch*ssene Teppiche, Besucher die angebellt und gestellt werden, alle zwei Stunden und nachts rausgehen, Würmer und und und – was halt so ne Pflegestelle erzählen kann. An den Reaktionen merke ich dann schnell, okay, die wollen all das scheinbar auch. Na dann ist denen nicht zu helfen. 


Sauberkeit ist nicht alles

In der Wohnung schaue ich mir an, ist sie so super sauber und klinisch rein oder liegt da auch mal was rum und es ist nicht alles wie geleckt. Also ja, ich schaue tatsächlich ein bisschen drauf. Wenn Hunde und Tiere im Haushalt leben, dann wird es einfach auch mal dreckig. Haare liegen auch so gut wie immer rum. Winter - Frühling - Sommer - Herbst, es wird eigentlich auch immer ein bisschen Draußen nach drinnen getragen. Das muss man schon abkönnen, wer aber sehr penibel auf klinische Sauberkeit achtet, der wird sich da vielleicht schwerer tun. Ich habe aber Gottseidank noch nie gehört „ja der Hund musste weg, weil er echt Dreck gemacht hat“. 


Was darf der Hund?


Im Vorkontrollbogen wird dann auch nach Liege- und Ruheplätze für den Hund gefragt. Daran merkt man, ob sich die Leute schon genug Gedanken gemacht haben. Natürlich darf man auch fragen, wo die Pflegestelle denkt, dass ein guter Liegeplatz ist. Je nach Pflegi ist ein Wachposten mit Blick auf die Tür super gut oder auch eher gefährlich. Manche Hunden fühlen sich sicherer, wenn sie alles im Blick haben, manche sind aber mit der Aufgabe des Wächters einfach enorm überfordert. Ein Liegeplatz abgeschirmt von Reizen und gut zum Schlafen ist aber nie verkehrt. Achja und dann gibts die „darf aufs Sofa“-Fraktion und die „soll nicht aufs Sofa“-Partei. Mir ist das ziemlich egal, denn Hunde lernen recht schnell welche Regeln im Haushalt gelten und passen sich da an. Da hat jeder seine Präferenz, ich verzichte ungern auf Kontaktliegen – meine Mama zum Beispiel legt oder setzt sich dafür dann auf dem Boden. Eben jeder wie ers mag.


Dann frage ich auch immer, ob es eine Bereitschaft gibt, bei Problemen eine Hundetrainer:in zu konsultieren. Die meisten antworten dann natürlich mit ja und ich hoffe es rattert dann im Kopf. Egal wie toll der Hund am Anfang ist, mit der Zeit können Reibereien im Alltag entstehen und das sollte jedem klar sein. Das muss nicht am traumatisierten oder schlecht sozialisierten Tierschutzhund liegen – Hunde, die hier aufgewachsen sind, entwickeln genauso Probleme. 


Ablehnung tut immer weh

Es wird Tierheimen und Tierschutzvereinen ja oft vorgeworfen, dass die Auflagen so hoch sind, dass keiner einen Hund bekommt. Das mag so sein, aber es geht hier um ein Lebewesen und da sollte es allen bewusst sein, dass dieses Wesen bei der Entscheidung oft nichts zu sagen hat und Menschen über sein Schicksal entscheiden. Für mich ist es deswegen komplett verständlich, wenn Pflegestellen und Vereine sehr genau hinschauen wohin ihre Zöglinge kommen. Ablehnung tut einfach weh, aber es gab bestimmt Gründe, warum ein NEIN vom Verein kam. 


Für mich ist NEIN sagen auch total schwer, da steht jemand und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Hund. Wenn die Umstände aber leider nicht passen, dann wird es ja vielleicht irgendwann so sein, oder es wird einen Hund geben, der besser passt. Ich hatte bereits Anfragen von älteren Leuten, die gerne einen sehr jungen Hund haben wollten. Das kann gut gehen, wenn diese Menschen bereit sind auch die Energie aufzubringen mit diesem bald mitten in der Pubertät steckenden Hund zu tollen und rumzurennen. Dann hatte ich Hunde, die echt verdammt schnell im Kopf und auch körperlich flink sind. – wenn die Bewerber dann kaum die Treppen hochkommen, da muss ich leider absagen. Für die gibt es sicherlich den entspannten und eher ruhigen Hund da draußen und wir Pflegestellen sind gut vernetzt, wir schicken die Leute dann weiter mit der Hoffnung, dass da dann die Chemie stimmt.


Es gab aber auch schon Absagen, da passte einfach meiner Meinung nach überhaupt kein Hund oder anderes Lebewesen ins Leben. Bei einem bestimmt Fahll haben diese Menschen dann doch woanders einen Hund bekommen, der dann nach kurzer Zeit unter seltsamen Umständen auch zurückkam. Wie gesagt, wir sind gut vernetzt, sowas bekommen wir mit. Als diese Personen dann erneut bei einem anderen Verein klopften, bei dem ich auch aktiv bin, gab es erneut ein freundliches Nein. Es kann natürlich sein, dass jetzt einfach ein Hund vom Züchter adoptiert wird, aber wir hoffen alle, dass da auch bei jedem Züchter die Alarmglocken ringen.



Zu Guter letzt

Eine Vorkontrolle ist also einfach ein gegenseitiges Kennenlernen und Einschätzen – es ist auch immer gleichzeitig ein Termin, bei dem aufgeklärt und die letzten offenen Fragen zur Adoption geklärt werden können. Ich bespreche mich bei manchen Fällen nochmal mit dem Vorstand und äußere meine Bedenken, bevor ich sie auf dem Vorkontrollbogen vermerke. Ab und an werden dann für spezielle Fälle dann auch noch Auflagen in den Schutzvertrag hinzugenommen. Wie beispielsweise ein Hinweis darauf, dass der Einzug oder die Eingliederung mit Unterstützung eine:r Hundetrainer:in stattfindet, oder dass innerhalb von einem halben Jahr Fotos und Bilder vom sicher eingezäunten Grundstück nachzuweisen sind. – Eine Nachkontrolle gibt es ja auch noch nach einem Jahr.


So eine Vorkontrolle dauert in der Regel eine Stunde bis 90 Minuten. Und jede:r Vorkontrolleur:in legt auf andere Dinge seinen Schwerpunkt. Für mich hat eine befreundete Pflegestelle eine Kontrolle gemacht, und hat mir dann sehr ausführlich darüber berichtet, wie die vorhandenen Hunde gefüttert werden. Ist klar, sie barft ihre Pflegis und eigenen Hunde. Wir halten uns da an einen vorgegebenen Fragekatalog; der variiert aber je nach Verein auch.


Wie dann der Umzug stattfindet, das klärt dann die Pflegestelle mit den Endstelle persönlich. Das wird sehr individuell gestaltet und ich freue mich bei meinen Pflegis, wenn die Adoptanten vor dem Auszug häufiger mal da sind, um Gassi zu gehen und schon mal eine schöne Zeit mit den Hunden zu verbringen.



Raiko darf aufs Sofa


In eigener Sache

Aktuell pausiere ich ja mit meiner Pflegestellentätigkeit, weil Kimy erst mal richtig ankommen soll und weil es räumlich auch langsam schwieriger wird. Als Pflegestelle sollte man immer die Möglichkeit haben die Hunde im Notfall räumlich zu trennen, und eben auch wenn man einen neuen Hund adoptiert und zu einem vorhandenen dazutut.


Wenn du auch kurz davor bist einen Tierschutzhund zu adoptieren, ich biete auch Beratungsgespräche an und gehe auch gerne mit zu den Pflegestellen, um eine Einschätzung abzugeben. Bei der Eingliederung und den Start ins neue Leben begleite ich Euch auch. Schreib mir einfach dazu, wenn du Unterstützung möchtest!


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