„Der Trend geht zum Dritthund“ – das hat mir eine liebe Ex-Chefin gesagt, als ich am hadern war, ob ich wohl meine Pflegehündin behalten soll.
Wer mich kennt, kennt mich als Duo mit Raiko. Wir, das unzertrennbare Zweierpaar, überall zusammen unterwegs. Jetzt soll dieses Band gestört werden? Für mich unvorstellbar. Zweithund heißt auch eine höhere finanzielle Belastung, Verantwortung für eine weitere Seele und noch mehr Herausforderungen irgendwo unterzukommen. Wir wohnen in Nürnberg, beim Anblick von einem Hund läuft den meisten Vermietern ein kalter Schauer den Rücken runter.
Okay, wir sind jetzt sowieso schon zu Dritt – das unfassbare ist im Februar geschehen: ich bin mit einem Mann zusammengezogen. Dann ist es ja auch egal, ob da jetzt wohl noch ein Hund dazukommt. Dieser besagte Mann hätte ja irgendwann gerne einen Pudel gehabt, aber für Tierschutztante Anh käme das sowieso nicht in Frage.
Geplant war Kimy nicht als Zweithund – sie kam, wie viele andere auch – als Pflegehündin zu mir. Sonst suche ich mir immer Hunde aus, die ich auch tragen kann, weil bisher kein Pflegi einfach so Treppen steigen konnte. Nico war aber so nett sich bereit zu erklären die Neue zu tragen, also durfte er auch aussuchen. Ich stellte eine Auswahl an Hündinnen zusammen, die ich als stadttauglicher erwogen habe (freundlich bzw. Menschen zugewandt, anfassbar und auch mit anderen Hunden verträglich). Die Wahl fiel auf eine langhaarige weiße, im Gesicht gefleckte Hündin, ziemlich sicher mit Herdenschutzanteil. Also so überhaupt nicht mein Fall, Inka von den Hundehelden kann es bestätigen; mein Herz schlägt für Terror-Terrier. Aber egal, schließlich soll die Hündin ja im Idealfall sich schnell ans Leben in Deutschland gewöhnen und dann in ihr Forever-Home ziehen.
„Samstag ist Trapo-Tag“ – und so war es auch wieder. Darin haben wir inzwischen Routine: Freitag vorbereiten, Samstag in Allerherrgottsfrühe ins Auto steigen und Richtung München auf einen Rastplatz fahren. Kimy wurde, zu meiner Überraschung, uns direkt ins Auto gehoben. Ich hatte sie für etwas weniger gestresst vermutet, und dann dürfen die Hunde selbst ins Auto getragen werden. So fuhren wir gemeinsam wieder nach Nürnberg. Raiko saß hinten und war deutlich entspannter als bei der letzten Abholung, die Welpenhündin Tiny war nämlich auch deutlich aufgeregter und überbordender. Kimy schlief während der Fahrt auf mir ein und zeigte erst mal was für ein Gewicht so ein großer Kopf haben kann. Süß.

Zuhause angekommen folgten die üblichen Rituale und dann holten sich erst mal alle den verdienten Schlaf zurück. Am Sonntag gab es die erste Erkundung draußen im Hinterhof – der menschliche Treppenlift Nico hatte die kommende Zeit genug Arbeit. Sehr vorsichtig und schon eher ängstlich arbeitete sich Kimy anfangs vor; ihr waren das dunkle Treppenhaus, die Geräusche der Straße und der Nachbarschaft überhaupt nicht geheuer. Jeder Hund hat ja seine Methoden mit Überforderung umzugehen, die einen erstarren, die anderen werden hektisch und zeigen Anzeichen von Flucht. Kimy wählte den Weg des Widerstands: sie blieb stehen, legte sich ab, aber alles nicht ängstlich, ihr war bewusst, dass sie eigentlich zu schwer ist, um sie zu zwingen. Draußen bewegte sie sich geduckt, schön klein gemacht, um ja nicht aufzufallen. Offenes Gelände ließ ihr Sicherheitsgefühl ins Negative fallen; zwischen und unter Autos, da fühlte sie sich wohler. Nicht überraschend war, dass Wald und Wiese für sie auch überhaupt keine Option für ein entspanntes Gassi war. Man merkte ihr an, dass sie das mehr überforderte als Gulli-Deckel und Straßenbeläge. In der Vergangenheit hatte ich schon Pflegehündinnen, die mit sich verändernden Böden überhaupt nicht zurecht kamen und versteiften.

Im Zusammenleben mit Raiko mussten wir tierisch aufpassen, es zeichnete sich eine leichte Ressourcenaggressivität ab. Aber letzten Endes alles halb so wild. Zum einen hat Kimy schnell gelernt, wenn es was für Raiko gibt, dann gibt es auch für sie etwas. Die Reihenfolge beim Leckerligeben war zunächst gleichzeitig, dann Kimy – Raiko und zuletzt auch Raiko – Kimy. Zum anderen hatte sie für sich selbst herausgefunden, dass Raiko wirklich sehr einfach einzuschüchtern war und sie nicht bis aufs Blut etwas verteidigen muss, es reicht lediglich kurz aufzustampfen, dann lässt Raiko alles stehen und liegen und sie kann es sich nehmen. Für mich als Menschen ist das jetzt nicht der ideale Weg, aber ich war mir sicher, dass zumindest kein Blut fließen wird bis wir das Thema Ressourcen im Griff haben bis wir ein Endstelle für sie gefunden haben.
Dass wir sie behalten werden, das habe ich mir zu der Zeit noch überhaupt nicht vorstellen können. Nico hatte sich lediglich gewünscht, dass die Neue langsam ankommen darf, nachdem Welpe Tiny bereits nach 1 1/2 Wochen zu Freunden umzog und seitdem dort ihr Einzelhündinnen-Lotterleben lebt. In den nächsten Wochen bei uns eroberte sie in einer rasenden Geschwindigkeit die Herzen einiger Freunde und Familienmitglieder – nur unseres nicht. Aber dazu im nächsten Beitrag mehr in Teil 2: Unser Weg zum Zweithund – Kimy Kinski gibt alles!

Jetzt bin ich total auf Teil 2 gespannt ❤️ sehr süß die kleine große Kimy